Foursquare, Henne und Ei?
Mehr Menschen sollten die Smartphone-App Foursquare nutzen. Denn das Ding kann was! Wie bei vielen anderen Web-Diensten liegt bei Foursquare auf den ersten Blick das gute alte Henne-Ei-Problem vor: Leider nutzen in Deutschland noch nicht viele Menschen Foursquare. Der Dienst wäre erst dann gut und attraktiv genug für jedermann, wenn ihn bereits genügend Menschen aktiv […]
Mehr Menschen sollten die Smartphone-App Foursquare nutzen. Denn das Ding kann was!
Wie bei vielen anderen Web-Diensten liegt bei Foursquare auf den ersten Blick das gute alte Henne-Ei-Problem vor:
Leider nutzen in Deutschland noch nicht viele Menschen Foursquare. Der Dienst wäre erst dann gut und attraktiv genug für jedermann, wenn ihn bereits genügend Menschen aktiv nutzen und damit die Einstiegsbarrieren für Neulinge entsprechend klein wären. Ich halte dagegen und sage: Foursquare ist jetzt bereits so vielschichtig, dass es sogar bei passiver Nutzung für viel mehr Menschen nützlich sein kann als auf den ersten Blick vermuten lässt. Dafür habe ich acht verschiedene Szenarien für (potenzielle neue) Nutzer zusammengetragen.
Moment, einen Schritt zurück: Was ist denn dieses Foursquare überhaupt? In den branchennahen Medien ist stets vom Location-Based-Service (LBS) Foursquare die Rede. Zweck eines LBS ist die Schaffung eines Mehrwertes durch die Verwendung der Ortsdaten eines Nutzers. Bezogen auf unser Beispiel? Foursquare erkennt über das GPS den aktuellen Aufenthaltsort eines Smartphonebesitzers und kann ihm dadurch individuelle, passende Informationen zur direkten Umgebung zur Verfügung stellen. Und zwar zu Locations. Zu jeder verfügbaren Location erhält man grundlegende Informationen wie beispielsweise die Adresse und darüber hinausgehende, von Nutzern generierte Informationen wie Tipps oder Fotos.
Nun aber zu den Nutzungsszenarien. Wie gesagt ist Foursquare sehr vielschichtig und die Funktionalitäten werden regelmäßig optimiert. Daher werde ich nicht auf jedes kleinste Detail eingehen, aktueller Stand ist Herbst 2012. Übrigens: Beste Gelegenheit, jetzt das Smartphone zu zücken, die Application zu laden, einen Account zu erstellen und mit Hilfe der folgenden Punkte ein wenig mit ihr herumzuspielen.
1. Das Suchen und Finden von Locations (passive Nutzung)
Mal angenommen, du bist neu in der Stadt, befindest dich im Urlaub in einer anderen Stadt oder hast einfach Lust darauf, in deiner Stadt nicht immer nur die fünf gleichen Läden zu besuchen. Unter Menüpunkt Explore kann man sich bei Foursquare Empfehlungen zu Locations aus der Umgebung anzeigen lassen. Hier findet man Locations aus allen Lebensbereichen; vor allem natürlich Restaurants und Bars aber auch Büros, Shopping, Kultur oder Sehenswürdigkeiten.
Als Alternative zu den kuratierten Empfehlungen kann man selbstverständlich auch einfach schauen, welche Locations sich generell und unabhängig der Empfehlungen in der Nähe des aktuellen Aufenthaltsorts befinden.
2. Die To-Do-Liste (passive Nutzung)
Was bringen einem viele coole Location-Empfehlungen, wenn man sie nicht abspeichern und dann in den kommenden Wochen und Monaten nach und nach besuchen kann?
Für diesen Zweck gibt es die Listenfunktion. Die individuelle Auswahl aus den In-App-Empfehlungen aber natürlich auch alle Art anderer Empfehlungen lassen sich in Listen speichern. In meine To-Do-Liste speichere ich alle Locations, die besuchenswert erscheinen. Kollege: “Den Italiener musste unbedingt besuchen!” Selbstverständlich kann man auch nach bestimmten Locations suchen, deren Namen man kennt. – Kurz bei Foursquare gesucht und schwupps, auf der Liste gespeichert.
3. Der Check-In für das persönliche Reisearchiv (passive Nutzung)
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Der Check-In
Der Check-In ist die Kernfunktion für die Nutzung von Foursquare. Bei jeder Location hat der Nutzer die Wahl, manuell zu bestätigen, dass er sich jetzt gerade an genau diesem Ort befindet. Wahlweise kann ein kurzer Kommentar dazu und/oder ein Foto veröffentlicht werden.
Die beim Suchen und Finden von Locations erwähnten Empfehlungen werden von sogenannten Check-Ins beeinflusst. Dies sind neben eigenen Check-Ins die Anzahl der Check-Ins aller Foursquare-User und mit hoher Gewichtung auch Check-Ins von persönlichen Kontakten innerhalb der App.[/white_box]
Ein Check-In lässt sich privat durchführen. So speichert man seine Aufenthalte lediglich für das eigene Archiv, anstatt sich all seinen Kontakten innerhalb der App zu offenbaren. Diesen passiven Check-In nutze ich, wenn ich meine Kontakte nicht mit gehaltlosen Benachrichtigungen belästigen möchte. Aber vor allem für mein persönliches Reisearchiv. Welches ich gelegentlich bei weeplaces.com visualisieren lasse.
4. Die Community (passive Nutzung)
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Nutzerprofile und Community
Foursquare bietet die Möglichkeit, sich mit anderen Foursquare-Nutzern zu vernetzen. Die Vernetzung führt zur Anzeige der Check-Ins aller persönlichen Kontakte. Und dies auf zwei Arten: Man kann die App aufrufen und schauen, wo die Kontakte weltweit zuletzt eingecheckt haben oder nutzt die Push-Funktion des Smartphones, die alle Check-Ins der Kontakte in dem Gebiet anzeigen, in dem man selbst zuletzt eingecheckt hat. In meinem Fall ist dieses Gebiet beispielsweise der Großraum Hamburg.
Selbstverständlich bekommt man auch die entsprechenden Kurzkommentare und Fotos zusammen mit der Check-In-Benachrichtigung zugestellt.[/white_box]
Die passive Beobachtung der eigenen Kontakte schafft abseits des Stalking-Faktors zweifachen Nutzen: Zum einen bekommt man mit, wenn Kontakte in der Gegend sind und kann diese kurzfristig spontan treffen. Zum anderen bekommt man Location-Empfehlungen regelmäßig automatisch geliefert. Dort, wo Freunde regelmäßig hingehen, wird es mir mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls gefallen.
Selbstverständlich bleibt dem Nutzer selbst überlassen, mit wem und mit wie vielen Kontakten er sich vernetzen möchte. Sollte die Menge der Push-Benachrichtigungen oder die Aktivität einzelner Kontakte nerven, besteht die Möglichkeit, diese individuell zu deaktivieren.
5. Die Community (aktive Nutzung)
Die Auswirkung des aktiven CHECK-In ist nach Kenntnis der passiven Möglichkeiten selbsterklärend: Alle Kontakte erfahren, was der Nutzer selbst freigibt. Neben der bereits genannten Verbreitung des Check-Ins innerhalb des Foursquare-Netzwerkes besteht bei jedem Check-In die Möglichkeit, diesen automatisch auch im Facebook oder bei Twitter zu veröffentlichen und die Information so an innerhalb anderer Netzwerke zu verbreiten. Dies setzt die Verknüpfung mit den jeweiligen Accounts voraus.
Ein weiterer nützlicher Vorteil des eigenen Check-Ins ist die automatische Anzeige von Tipps der persönlichen Kontakte per Push-Benachrichtigung. Dies sind zum einen Tipps zum aktuellen eigenen Aufenthaltsort und zum anderen Tipps zu Locations, die sich in der unmittelbaren Umgebung davon befinden.
6. Gamification (aktive Nutzung)
Foursquare beinhaltet ein Wettbewerbssystem. Auf dieses werde ich nicht tiefer eingehen, da es für mich persönlich keinen langfristigen Mehrwert verspricht. Das heißt nicht, dass es viele Fans und eifrige Nutzer dieser Gaming-Komponente gibt – ganz im Gegenteil.
Ein minimaler Überblick: Check-Ins bringen Punkte, mit deren Sammlung der Nutzer sich in einer Highscoreliste mit seinen Kontakten messen kann. Darüber hinaus existieren Badges, die man als Belohnung für verschiedene Check-In-Kombinationen, Check-Ins an besonderen Orten und vielen weiteren Anlässen freischalten kann. Darüber hinaus kann man Mayor einer Location werden: Die Person, die innerhalb der letzten 60 Tage am häufigsten bei einer Location eingecheckt hat, wird zum Mayor ernannt und wird bei jeder Location als Stammkunde gelistet. Letztere Funktion sorgt für wahre virtuelle Battles zwischen Nutzern, die sich gegenseitig Mayorships abjagen.
Wie gesagt ist der Gaming-Faktor Foursquares für mich lediglich kurzweiliger Anreiz, der mit wenig konkretem Nutzen und mit hohem Aufwand verbunden ist.
7. Schaffung von Mehrwerten für andere Foursquare-Nutzer (aktive Nutzung)
Eine schöne Variante ist das Speichern und Empfehlen von Locations durch Listen. Ein Ortskenner kann so beliebige Locations in einer öffentlichen Liste kuratieren und mit einem passenden Titel wie zum Beispiel “Hamburgs beste Pizzabäcker” versehen. Die Listen können von anderen Nutzern abonniert werden.
Der Klassiker für eine Wertschöpfung bei Foursquare ist das Eintragen von Tipps und Fotos zu besuchten Locations. Diese Hinweise werden auf der Seite der jeweiligen Location gelistet und sind für alle Nutzer einsehbar. So haben mir kürzlich erstmals Freunde erzählt, sie hätten aufgrund meines Tipps bei Foursquare das entsprechende Restaurant besucht und wären seitdem vollends begeisterte Stammkunden. Mission erfüllt.
Die absolute Königsdisziplin ist das Anlegen von Orten. Denn jeder Nutzer kann Locations zur Datenbank hinzufügen, die bisher nicht existiert hatten. Hier in Hamburg sind Unmengen an Locations in der Datenbank und die Aktivität der Nutzer ist annehmbar. Wenn ich allerdings bei meinen Eltern in Schleswig-Holstein zu Besuch bin, merke ich schon sehr deutlich die Unterschiede. Dort sind in der Kleinstadt lediglich Supermarkt, Tankstelle und eine Handvoll Restaurants auf der Liste zu finden. Das kleine handwerkliche Unternehmen meiner Eltern habe ich dann eigenhändig in die Datenbank eingetragen.
8. Profitieren von Unternehmens-Specials (aktive Nutzung)
Auch Unternehmen können Foursquare nutzen, indem sie sich bei Foursquare offiziell als Eigentümer einer Location registrieren und ihrer Kundschaft und potenziellen neuen Gästen Specials anbieten. Foursquare bietet eine Reihe bestimmter Specials an.
Die Strand-Bar in meiner Nachbarschaft beispielsweise bietet das folgende Loyality Special: “Wir belohnen dein Wiederkommen. Bei jedem 3. Besuch schenken wir dir ein Soft- oder Biergetränk deiner Wahl!” So erhalte ich innerhalb der App nach Check-In an drei verschiedenen Tagen den Hinweis, mein Special einlösen zu können. Das mache ich, indem ich das freigeschaltete Special auf dem Screen des Smartphones an der Theke vorzeige.
Fazit
Das Ding ist verdammt gut, lebt aber von Menschen, die den Dienst mit Informationen versorgen. Eine Menge Geeks und sonstige Internetzpeople aus der Kommunikationsbranche nutzen Foursquare bereits sehr aktiv. Ich hätte gerne ein paar mehr Menschen aus anderen Bereichen dort. Und möchte deshalb ausdrücklich um neue Nutzer werben, die den Dienst einfach mal antesten möchten. Das Nehmen fällt bekanntlich leichter als das Geben, daher sei jedem ein gechillter Start mit den Punkten 1-4 ans Herz gelegt. Von diesen neuen Nutzern wird ein Bruchteil im Laufe der Zeit auch zurückgeben – hier und da mal einchecken, Tipps schreiben oder eine Liste erstellen. Menschen, die ihre Angst vor vermeintlich schlimmen Datenkraken ablegen. Denn das Unvertraute ist keineswegs böse.
Mein Foursquare-Account. Freue mich über coole Empfehlungen für Hamburg.