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31. Mai 2016 — By Hauke Hagen

re:publica recap

“Wie war’s bei der re:publica? Was waren deine Highlights?” wurde ich in den letzten Tagen sehr oft gefragt. Hier mein kurzes recap zur Veranstaltung. Zusätzlich zu den reinen Vortragsinhalten freue mich mich jedes Jahr aufs Neue auf den speziellen Spirit der re:publica. Drei Dinge, die mir sehr gut gefallen: Jedem wird die Möglichkeit gegeben, über […]

re:publica 2016

“Wie war’s bei der re:publica? Was waren deine Highlights?” wurde ich in den letzten Tagen sehr oft gefragt. Hier mein kurzes recap zur Veranstaltung.

Zusätzlich zu den reinen Vortragsinhalten freue mich mich jedes Jahr aufs Neue auf den speziellen Spirit der re:publica. Drei Dinge, die mir sehr gut gefallen:

  1. Jedem wird die Möglichkeit gegeben, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen. Ein Blick ins Programm zeigt die Vielfalt, die auf der re:publica inhaltlich geboten wird.
  2. Kritisches Hinterfragen des aktuellen Status Quo ist wichtiger Bestandteil vieler Sessions.
  3. Auf keiner anderen Konferenz habe ich jemals eine solch hohe Konzentration an an der Sache interessierten Menschen erlebt. An der Sache interessierte Menschen meint Menschen, die Wissen teilen um Sachverhalte zu verdeutlichen, Zustände zu verbessern oder wichtige Gedankenanstöße zu geben. Auf anderen (deutlich teureren) Konferenzen ist der Anteil an schwammigen “Best Cases” ohne Mehrwert um einiges höher.

Hier folgen meine diesjährigen Session-Highlights. Ein paar Sätze pro Session, dazu Video und Links. (Die Reihenfolge hat keine Bedeutung.)

What’s in a Game?

Marcus Richter

Es spielen mehr Menschen Games, als man denkt. Viele dieser Menschen würden sich niemals als Gamer bezeichnen. Dazu ein Einblick in drei Genres mit Beispielen.

Eins der Beispiele ist The Walking Dead – The Game: ein Mix aus Film und Game, und nebenbei eins meiner Lieblingsspiele der letzten Jahre.

Commercial Content Moderation – Die Müllabfuhr im Internet

Moritz Riesewieck

Unerwünschte Inhalte wie Gewalt oder Pornografie werden von den bekannten Social Networks keineswegs mittels Algorithmen entfernt. Dies erledigen Billiglöhner in den Philippinen. Mit entsprechenden psychischen Folgen. Dazu stellt sich die Frage, wer darüber entscheidet, welche Inhalte entfernt werden und welche nicht. Umso skurriler, wenn man bedenkt, dass die meisten Philippiner überzeugte Katholiken sind.

Fliegende Computer und ihre tollkühnen Piloten

Moritz Metz

Interessant, was mit Drohnen heutzutage über die ersten Video-Spielereien hinaus so angestellt wird. Und es gibt bereits einen Markt für Anti-Drohnen-Systeme! Spannendes Thema für die Zukunft ist die Frage, wie der Luftraum zukünftig reguliert wird.

The City as an Open System

Richard Sennett

Städte entwickeln sich immer mehr hin zu geschlossenen Systemen, ähnlich wie das Internet Google, Facebook und Co. Grund für die internationale Angleichung der innerstädtischen Zentren sind Investitionen die sich nicht an der jeweiligen Stadt sondern an Spezifikationen des Wunschobjekts der Investoren orientieren. Gesellschaftliche Schichten werden mehr und mehr voneinander abgegrenzt, große Teile werden aus den Stadtzentren verdrängt. Dabei sorgt insbesondere der Austausch zwischen unterschiedlichen Gruppierungen an den “offenen Bezirksgrenzen” für eine positive Stadtentwicklung.

Die Integration von Flüchtlingen könnte in deutschen Städten viel zu einer positiven Entwicklung von offenen Städten beitragen.

Designing the Future – How Science Fiction Can Help Us Change the World

Anne Schüßler, Uri Aviv

Science Fiction ist eine großartige Inspirationsquelle für die Zukunft, da die Inhalte eine Vielfalt möglicher Szenarien darstellen. In der Form von Film und Literatur werden nicht nur positive Ideen geliefert – insbesondere Dystopien können uns dafür sensibilisieren, technologischen Fortschritt kritisch zu hinterfragen.

Interessantes Zitat von Walter Moers: “Reality is already there, why should I picture it?”

Cargo-Kulte

Gunter Dueck

Einem Cargo-Kult zu unterliegen bedeutet, die fälschliche Annahme zu treffen, dass mit einem bestimmten, abgeschauten Handeln eine Aktion ausgelöst wird, die allerdings niemals eintritt, da sie in keinem Zusammenhang mit der ausgeführten Handlung steht. Obwohl man sie in der Arbeitswelt nicht vermutet, sind Cargo-Kulte (leider) im Büroalltag mehr als verbreitet. Gunter Dueck gibt mit seinem sympathischen Vortragsstil einige sehr praxisnahe Beispiele zum besten.

Ad Wars – Ausflug in die Realität der Online-Werbung

Thorsten Schröder, Frank Rieger

Wer als Publisher online mit klassischen Werbeformaten wirbt, vertraut auf eine Vielzahl externer Dienstleister und macht sich in hohem Maße angreifbar für Schadsoftware. Die in der Session als Beispiele dargestellten Websites renommierter deutscher Publisher stoßen bei einem kurzen Besuch über 2000 Requests an den Browser an, dabei entsteht Datenverkehr zwischen etwa 150 verschiedenen Servern. Nur etwa 15 davon sind Server des Publishers selbst – der Rest steht in der Kontrolle einer Vielzahl kleiner Dienstleister der Onlinewerbebranche.

Thorsten Schröder und Frank Rieger zeigen live eine über Werbebanner eingeschleuste Schadsoftware, die auf einem Windows-PC den Taschenrechner öffnet. Wenn Schadsoftware eingeschleust wird, erleidet der Publisher den Imageverlust.

Adblocker sorgen einerseits für sinkende Einnahmen für den Publisher. Anderseits ist es für Nutzer unzumutbar, ungeschützt auf den Websites renommierter Publisher zu surfen.

Die Pubertäre Gesellschaft und das Netz

Friedemann Karig

Viele von uns kommunizieren im Internet derzeit wie Teenager in der Pubertät – sprich wir haben uns einfach an den Veränderungsprozess und die vielen, neuen Möglichkeiten noch nicht gewöhnt. Während in der Vergangenheit extreme Meinungen noch untergegangen sind, da die große Masse einigermaßen neutral zu einem Thema eingestellt ist, dringen heute – unterstützt durch die Mechanismen der sozialen Netzwerke – fast nur noch extreme Meinungen zu uns durch. Und man gerät fälschlicherweise unter Druck, zu jedem Thema eine Meinung zu haben und diese kundzutun. Dabei wäre ein bisschen weniger Hype mehr als angebracht. Man sollte viel häufiger mal nichts sagen (aka die Fresse halten).

Man denke nur an die ganzen RIP-Postings der letzten Monate …

Community On oder Off?

Annelie Naumann, Heike Gallery, Daniel Wüllner

Ein Panel über unterschiedliche Wege für Publisher, mit Kommentaren auf ihren Websites umzugehen. Daniel Wüllner berichtet beispielsweise vom Experiment der SZ, Kommentare auf einzelnen Artikelseiten abzuschalten und die Diskussion stattdessen in moderierte Diskussionsforen umzuleiten, in denen dann “gebündelt” zu Themenblöcken diskutiert wird.

 

Viral! Die Macht des Storytelling

Bernhard Pörksen

Bernhard Pörksen beschreibt eindrucksvoll, wie sich starke Geschichten mit ihren Bildern in unseren Köpfen verankern und was dazu führt, dass wir sie in der heutigen Medienwelt weiter erzählen.

#Schichtwechsel: Arbeiten ohne Hierarchien – Wer gibt hier eigentlich den Ton an?

Juliane Leopold, Olaf Maninger, Ellen Kuder

Sehr spannend, ein Beispiel aus einer komplett anderen Branche vorgestellt zu bekommen: Olaf Maninger beschreibt, wie die Berliner Philharmoniker das Orchester als Kollektiv organisieren und dabei gänzlich ohne Hierarchien auskommen. Wer den Aufnahmeprozess und die zweijährige Probezeit bestanden hat, bleibt meist lebenslang Teil des Teams. Entscheidungen wie beispielsweise die Auswahl des Dirigenten werden demokratisch getroffen. Dazu muss aber auch gesagt werden, dass dort die Besten ihres Fachs zusammenarbeiten und die gleiche Vision verfolgen.

Zur Audioaufzeichnung

 

Big Data und Arbeitnehmer: Zwischen Selftracking und Corporate Panopticon

Johannes Kleske, Andrea Koscis, Andreas Dewes

Moderiert von Johannes Kleske teilen Gewerkschafterin Andrea Koscis und Physiker Andreas Dewes ihre Gedanken und durchaus kritische Beobachtungen zum Einfluss von Big Data und Automatisierung auf Arbeitsverhältnisse und den zukünftigen Auswirkungen. So zum Beispiel der Schutz von Persönlichkeitsrechten, von Automatisierung gesteuerte und überwachte Menschen, die Regulierung von Automatisierung, der ethische Umgang mit Transparenz und Mitarbeiterdatenschutz sowie das Hinterfragen der Services durch ihre Nutzer in Hinblick auf das Geschäftsmodell und den Umgang mit den Arbeitnehmern.

Klassenkampf der Roboter – Werden Produktionsmittel uns enteignen?

Mads Pankow

Computer können vor allem eines, und zwar rechnen. Je leistungsstärker Computer werden, desto schneller können sie rechnen. Aber schon der Taschenrechner vor 20 Jahren konnte das schneller als der Mensch. Menschen hingegen können Zusammenhänge schnell erfassen, analysieren, lernen und sich an neue Gegebenheiten anpassen. Menschen und Computer ergänzen sich sehr gut. Die Frage der Zukunft wird allerdings sein: Gehören wir zu den wenigen Experten, die die Technologie entwerfen und vermarkten oder zu den günstigen Arbeitskräften, die von der Technologie angeleitet werden? Oder am praktischen Beispiel: Arbeite ich für Uber zukünftig als gefragter Experte in der Produktentwicklung der Konzernzentrale oder als mäßig bezahlter Fahrer?