HAGENHAGEN
27. März 2012 — By Hauke Hagen

Von der Wohnungssuche in Hamburg

Im Februar hatte ich mein Wohnungsgesuch hier im Blog veröffentlicht. Mittlerweile kann ich sagen: Liebe Hater, es ist möglich, in den beliebten Bezirken Hamburgs eine nette Wohnung zu finden! Ab April arbeite ich in Hamburg, durfte also von Frankfurt am Main zurück in die Hansestadt ziehen. Als ich im Februar den ersten Leuten von meiner […]

Hamburg St. Pauli

Im Februar hatte ich mein Wohnungsgesuch hier im Blog veröffentlicht. Mittlerweile kann ich sagen: Liebe Hater, es ist möglich, in den beliebten Bezirken Hamburgs eine nette Wohnung zu finden!

Ab April arbeite ich in Hamburg, durfte also von Frankfurt am Main zurück in die Hansestadt ziehen. Als ich im Februar den ersten Leuten von meiner Suche erzählte, gab’s vor allem pessimistische Reaktionen: Horrorstories von erfolglosen Massenbesichtigungen und monatelanger, von Zwischenmieten durchzogener Suche sowie Aussagen, noch mindestens fünf andere Menschen zu kennen, die gerade nach der Traumwohnung in der Hansestadt suchen.
Ein paar anfänglichen halbherzigen Versuchen der Suche aus der Ferne folgten Anfang März zwei Wochen aktive Suche vor Ort und ungefähr zehn Besichtigungen (Massen- sowie Einzelbesichtigungen). Der Vertragsabschluss erfolgte innerhalb von drei Tagen nach Besichtigung, Einzug weitere drei Tage später. Für eine 2-Zimmer-Wohnung in Eimsbüttel Süd – Wohnzimmer, kleines Schlafziummer, Mini-Küche, Badezimmer, Flur – zahle ich nun ungefähr 600 Euro warm. Wie ich vorgegangen bin, habe ich in den folgenden Absätzen zusammengetragen. Vielleicht kann ich dem ein oder anderen Suchenden mit den folgenden Informationen weiterhelfen. Von der Wohnungssuche in Hamburg in acht Schritten.

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Zu Beginn drei grundlegende Punkte in Bezug auf die Wohnungssuche in der Hansestadt Hamburg: Budget, Lebenszyklus eines Mietangebotes sowie ein Informationspaket.

BUDGET // Das Budget ist die grundsätzliche Ausgangsposition einer jeden Wohnungssuche. Wer in Eimsbüttel, Sternschanze, St. Pauli oder Ottensen derzeit eine annehmbare Wohnung mit zwei Zimmern sucht, sollte warm auf jeden Fall 800 Euro monatlich einplanen. Darunter wird’s schon schwieriger – das bedeutet Kompromisse einzugehen oder Glück zu haben. Die Mietobjekte, die ich während meiner Suche zu sehen bekommen habe, waren fast ausnahmslos mit einer Kaltmiete rund um 650 Euro ausgeschrieben.

LEBENSZYKLUS // Man sollte auf jeden Fall vor Ort sein! Grund dafür ist der kurze Lebenszyklus der Mietangebote. Man kann damit rechnen, dass die Besichtigung innerhalb von drei, vier Tagen nach Anzeigenschaltung bereits abgeschlossen und ein neuer Mieter gefunden ist. Viele Besichtigungen finden noch am Tag der Anzeigenschaltung statt und werden entsprechend kurzfristig terminiert. Zu Beginn meiner Suche habe ich unter der Woche versucht, von Frankfurt aus Besichtigungstermine für die darauffolgenden Wochenenden zu vereinbaren und bin daran grandios gescheitert. Vor Ort konnte ich Besichtigungstermine nur wenige Stunden nach Veröffentlichung der Anzeige wahrnehmen. Die Termine stehen von Eigentümerseite oft bereits fest. Dennoch sollten auch Arbeitnehmer keine unüberwindbaren zeitlichen Probleme bekommen. Die Besichtigungen finden fast ausschließlich nach 17:30 Uhr statt. Perfektes Vorgehen: Morgens Recherche, abends Besichtigungen.

INFORMATIONSPAKET // Die Erstellung eines Informationspaketes für den zukünftigen Vermieter ist die Grundlage für die Wohnungssuche. Ohne folgende Unterlagen geht’s nicht:

  • SCHUFA-Auskunft — die kann man sich u.a. hier online für € 7,90 bestellen; Zulieferung erfolgt innerhalb von drei Tagen
  • Beidseitige Kopie des Personalausweises
  • Kopie des Arbeitsvertrages (bzw. der letzten drei Gehaltsabrechnungen). — Bei einer aus dem Jobwechsel resultierenden Probezeit beim neuen Arbeitgeber verlangen einige Vermieter das Stellen eines Bürgen als Sicherheit. Dies sollte auf jeden Fall bei der Besichtigung geklärt werden.

Darüber hinaus habe ich folgende Dokumente beigefügt:

  • Standard-Selbstauskunft mit den wichtigsten Daten — eine Art Zusammenfassung auf einer DIN A4 Seite für den schnellen Überblick. Hier gibt’s eine Blanko-Version, die ich mir für den besagten Zweck erstellt habe. In den meisten Fällen wird bei der Besichtigung ein Selbstauskunftsformular an die Interessenten ausgegeben.
  • Vermieterbescheinigung des Vormieters — Dieses Schreiben beinhaltet die Bestätigung des derzeitigen Vermieters darüber, dass Mieten stets pünktlich gezahlt worden sind und keine sonstigen Ansprüche gegenüber dem Mieter bestehen.

Dieses Informationspaket sollte geheftet zu jedem Besichtigungstermin mitgenommen werden.

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Das Verfassen eines Blogposts mit den eigenen Vorstellungen von einer Wohnung und das Teilen dieses  Posts in den eigenen Netzwerken kann nie schaden. Ich habe in meiner Version einen Kurzüberblick mit den wichtigsten Facts (Was? Wo? Was darf’s kosten? Ab wann?) stichpunktartig vorangestellt und bin dann nochmal im Detail darauf eingegangen. Über diesen Blogpost habe ich innerhalb weniger Tage von Freunden, losen Bekannten und auch gänzlich unbekannten, hilfsbereiten Menschen (Riesigen Dank dafür!) fünf, sechs konkrete Ansätze erhalten. Mit etwas Glück hat man nach diesem Schritt bereits eine Wohnung gefunden. In meinem Fall gab’s allerdings stets ein paar kleine entscheidende Kompromisse. Daher habe ich parallel dazu die klassische Suche fortgesetzt.

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Nächster Schritt war das Einrichten von Suchaufträgen bei den beiden großen Immobilienportalen immonet.de und immobilienscout24.de. Hier kann man alle eingestellten Angebote den eigenen Vorstellungen entsprechend filtern und sich die Ergebnisse täglich per E-Mail zukommen lassen. Ich kann nur empfehlen, die Angaben auf die wichtigsten Parameter zu beschränken um später aus einer größeren Auswahl selektieren zu können. Bei mir liefen mit den folgenden Angaben täglich ca. 5-10 Angebote auf: 1,5-3 Zimmer; Kaltmiete 0-700 Euro; Stadtteile Ottensen, Altona-Nord, Altona-Altstadt, Eimsbüttel, Sternschanze, Hoheluft-West, St. Pauli. Interessante Angebote in den Merklisten zu sichern ist nur bedingt schlau. Oftmals werden die Anzeigen aufgrund des hohen Andrangs verdammt schnell wieder aus dem Netz genommen. Hier ist es ratsam, eine gesonderte Übersicht zu führen, Screenshots zu machen oder sich die Exposés auszudrucken.

Über die Internetportale hinaus kann es auch nützlich sein, die klassischste aller Möglichkeiten zu nutzen: Den Immobilienteil der Zeitung. In Hamburg ist lediglich das Hamburger Abendblatt zu empfehlen. Mittwochs gibt es einen kleinen, samstags einen großen Immobilienteil, aus denen ich anhand meiner Vorstellungen stets jeweils zwei, drei interessante Angebote finden konnte. Der Nachteil liegt auf der Hand: Keine Fotos, wenige Informationen.

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Der nächste Schritt ist die Selektion der Angebote anhand der persönlichen Interessen. Aus zehn Angeboten werden so ganz schnell zwei, eins oder gar keins. Was bei der Selektion unabdingbar ist ist eine gewisse Medienkompetenz. Gibt es eine aussagekräftige Beschreibung? Gibt es Fotos? Passt die Ausstattung zum Mietpreis? Ist die genaue Adresse bereits angegeben? Sind die Nebenkosten aufgeschlüsselt? Passen die Nebenkosten zum Mietpreis? etc. Alle offenen Fragen sollten für die Kontaktaufnahme bzw. den Besichtigungstermin festgehalten werden.

Im Internet tummeln sich unter seriösen Anbietern stets ein paar schwarze Schafe, die allerdings oft auch sehr plump vorgehen. Beispiel gefällig? Regelmäßig tauchen Angebote mit folgenden Rahmendaten auf: 3 Zimmer, 120m², extrem teure Wohnlage (Hafencity oder Alsternähe). Das Ganze gibt’s für unglaubliche 400 Euro Kaltmiete. Keine Details, keine Beschreibung. Dazu Fotos vom luxoriösen Wohnzimmer und mindestens zwei Schlafzimmern mit riesigen Doppelbetten. Kontaktaufnahme ist allerdings nur per E-Mail an eine Privatperson mit übertrieben amerikanisch klingendem Namen möglich. Wer es hier überhaupt in Erwägung zieht, den Anbieter zu kontaktieren … hm, ich weiß nicht.

Wenn hinsichtlich Beschreibung und Fotos alles passt, sollte ein Blick auf’s Wohnobjekt und auf dessen Lage geworfen werden. Hamburg ist glücklicherweise im Google Street View zu sehen (abgesehen von ein paar Blurmany-Flecken). Darüber hinaus empfehle ich wärmstens Bing Maps mit ihrer Vogelperspektive, bei der man Hamburg aus allen Himmelsrichtungen von schräg oben betrachten kann (und dies ohne Blur!). So lässt sich schnell herausfinden, ob das als “in ruhiger Wohnlage gelegen“ beschriebene Objekt nicht doch an der vierspurigen Hauptstraße oder im Hochpaterre einer Partymeile zu finden ist.

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Bevor man nun eine Besichtigung in Erwägung zieht muss man sich entscheiden. Offene Besichtigungen ja oder nein. Denn es gibt es in Hamburg eigentlich nur zwei Arten der Besichtigungen: Die klassische Massenbesichtigung und die aneinandergereihte Einzelbesichtigung (die ganz gerne mal zu einer Mini-Massenbesichtigung ausartet).

Erstere finden vor allem in den schönen Altbauwohnungen in Eimsbüttel statt. Der Besichtigungstermin steht bereits in der Ausschreibung und es wird ausdrücklich untersagt, sich vorher anzumelden oder anzurufen. Einfach vorbeikommen. Im Extremfall handelt es sich noch um eine courtagefreie Wohnung. Bei der Massenbesichtigung mit bereits in der Ausschreibung kommuniziertem Besichtigungstermin ohne Voranmeldung quetschen sich die Suchenden gleichzeitig durch die Wohnung und hinterher sitzen 30-40 Personen im Treppenhaus und füllen Selbstauskunftsformulare aus. Ist mal ganz interessant anzuschauen … aber mal ehrlich: Wonach zur Hölle soll dann ein Vermieter noch auswählen?

Ich empfehle folgendes: Nur Anbieter kontaktieren, bei denen der Besichtigungstermin nicht bereits mit der Anzeige öffentlich ist – sprich der eine Kontaktaufnahme voraussetzt, bei der man Uhrzeit, Hausnummer o.ä. herausbekommt. Dies entspricht dann der zweiten Art – den aneinandergereihten Einzelbesichtigungen, bei denen die bereits vorausgewählten Mietinteressenten nacheinander (oder teils gleichzeitig) die Wohnung besichtigen.

Entscheidung getroffen? Super.

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Sollte das Traumobjekt noch immer dabei sein, heißt es nun: Anrufen und einen Besichtigungstermin vereinbaren! Hier sollte man kurz und knapp auf den Punkt bringen können, wer man ist und auf Fragen zu Beruf, Einkommen o.ä. entsprechend und spontan reagieren können. Entscheidende offene Punkte aus dem Selektionsprozess können auch hier bereits geklärt werden. Oft bekommt man lediglich Anrufbeantworter zu hören, bei denen man höflich um Rückruf bezüglich des Mietobjektes bitten sollte.
Vereinzelte Anbieter verlangen ausdrücklich die Kontaktaufnahme per E-Mail bzw. über das Formular des Immobilienportals und nutzen dies für eine erste Vorauswahl. Diese schriftliche Kontaktaufnahme sollte immer individuell sein und folgende Bestandteile enthalten: Anrede des genannten Ansprechpartners, Besichtigungsinteresse für das entsprechende Objekt, kurze Beschreibung der eigenen Person (Alter, Grund des Umzuges, Beruf) sowie das ungefähre Haushaltsnettoeinkommen. Ein Makler erzählte mir, dass er über diese Maßnahme aus 80 Interessenten 20 Menschen vorselektiert und nur diese zur Besichtigung einlädt.

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Jetzt folgt der Besichtigungstermin. Im Gegensatz zur Massenbesichtigung bringt die aneinandergereihte Einzelbesichtigung den Vorteil mit sich, kurz allein mit Makler und/oder im besten Fall sogar mit Hausverwaltung/Eigentümer sprechen zu können. Neben den offenen Fragen kann man auf höfliche Art meist herausfinden, wie viele Interessenten und Besichtigungstermine es bereits gibt und wie die persönlichen Chancen stehen. In manchen Fällen hat der Makler Einfluss auf die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Interessenten.
Sollte die Wohnung noch immer den Vorstellungen entsprechen, gilt es nun, dem Ansprechpartner das Interesse mitzuteilen und die vorbereiteten Unterlagen mitzugeben. Meist besteht der Ansprechpartner auf das Ausfüllen eines auf das Objekt ausgerichteten Selbstauskunftsformulars. Zum Abschluss des Besichtigungstermines sollte einem mitgeteilt werden, bis wann eine Entscheidung gefällt und auf welchem Wege Rückmeldung gegeben wird.

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Jetzt beginnt das Warten und Hoffen. In den meisten Fällen muss man sich nach abgeschlossener Besichtigung damit abfinden, nicht wirklich zu wissen, woran man denn nun überhaupt ist. Wenn ein E-Mail-Kontakt vorhanden war, habe ich stets noch einmal schriftlich mein Interesse bekundet und ggf. fehlende Unterlagen übermittelt.

Rückmeldung seitens des Maklers erfolgte beim Großteil der von mir besichtigten Wohnungen überhaupt nicht. Im Falle einer Absage sollte man auf jeden Fall anfragen, ob vergleichbare Objekte im Angebot sind. Vereinzelt wird man in eine Interessentenkartei aufgenommen und kontaktiert, sobald ein vergleichbares Objekt ins Portfolio kommt. Bei mir hat sich bisher kein Makler erneut gemeldet.

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PERSÖNLICHES FAZIT // Ich hatte bei meiner Wohnungssuche ein wenig Glück. Und mit einem festen Arbeitsvertrag gute Voraussetzungen. Und die Courtage habe ich auch zahlen können. Aber das kann lange nicht jeder von sich behaupten, der hier in Hamburg eine Wohnung sucht.

Klar ist, dass sich langfristig etwas ändern muss. Hamburg braucht mehr Wohnungen. Bezahlbare Wohnungen. Und weniger Abhängigkeit von Immobilieneigentümern und Maklern, die (oft, nicht immer) intransparent vorgehen und keinerlei Service bieten müssen, um ihre Mietobjekte hochpreisig an den Mann zu bringen. Gentrifizierung ist ein Thema, über dass man sicherlich eine ganze Menge an Texten schreiben könnte.